07 Januar 2010

Fragen über Fragen

  • Auf welcher Deponie wird Datenmüll entsorgt?
  • Gibt es Windeln für Klugscheißer?
  • Bei welchem Juwelier kaufen Kettenraucher ein?
  • Gibt es in einer Teefabrik Kaffeepausen?
  • Warum haben 24-Stunden- Tankstellen eigentlich Schlösser an den Türen?
  • Brauche ich eigentlich ein gültiges Bahnticket, wenn ich die Flasche in einem Zug leeren will?
  • Gibt es in einem Land mit Linksverkehr auch einen Rechtsweg?
  • Kann ich meinem Dackel im Winter eine Pudelmütze aufziehen?
  • In welchem Bahnhof hält der Lungenzug?
  • Habe ich eigentlich einen Tinitus im Auge, wenn ich nur Pfeifen sehe?
  • Ist es eigentlich schon Rufschädigung wenn man sagt: ich habe bei Weight Watchers angerufen, und keiner hat abgenommen?
  • Kann ein Aussenseiter auch einen Innenbandriss bekommen?
  • Kann es Zufall sein, dass im Wort Kaufrausch das Wort Frau schon drinsteckt?
  • Mit welchem Waschprogramm wasche ich denn verschwitzte Termine?
  • Warum sind Pizza-Schachteln eigentlich eckig?
  • Wenn Olivenöl aus Oliven gemacht wird, woraus wird dann Babyöl gemacht?
  • Wenn man gerade ins Fettnäpfchen getreten ist, ist dann alles in Butter?
  • Woran starb eigentlich das tote Meer?
Beantwortet die große Kerze die Frage der kleinen Kerze, ob Durchzug gefährlich sei, mit den Worten: "Davon kannst du ausgehen?"

Von der Traurigkeit

Es war eine kleine Frau, die den staubigen Weg entlang kam. Sie war wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht, und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens. Bei einer zusammengekauerten Gestalt blieb sie stehen und sah hinunter. Sie konnte nicht viel erkennen. Das Wesen, das da im Staub des Weges saß, schien fast körperlos. Es erinnerte an eine graue Flanelldecke mit menschlichen Konturen. Die kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte: 'Wer bist du?' Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. 'Ich? Ich bin die Traurigkeit', flüsterte die Stimme stockend und so leise, dass Sie kaum zu hören war. 'Ach, die Traurigkeit!' rief die kleine Frau erfreut aus, als würde sie eine alte Bekannte begrüßen. 'Du kennst mich?' fragte die Traurigkeit misstrauisch. 'Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast Du mich ein Stück des Weges begleitet.''Ja, aber ...', argwöhnte die Traurigkeit, warum flüchtest du dann nicht vor mir? Hast du denn keine Angst?' 'Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine Liebe? Du weißt doch selbst nur zu gut, dass du jeden Flüchtling einholst.
Aber, was ich dich fragen will: Warum siehst du so mutlos aus?' ' Ich ... ich bin traurig', antwortete die graue Gestalt mit brüchiger Stimme. Die kleine alte Frau setzte sich zu ihr.'Traurig bist du also', sagte sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. 'Erzähl mir doch, was dich bedrückt.' Die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal wirklich jemand zuhören wollen? Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht. 'Ach, weißt du', begann sie zögernd und äußerst verwundert, 'es ist so, dass mich einfach niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung, unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest.' Die Traurigkeit schluckte schwer. 'Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen. Sie sagen: Papperlapapp, das Leben ist heiter. Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen: Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: Man muß sich nur zusammenreißen. Und sie spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken. Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen. Und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen.
''Oh ja', bestätigte die alte Frau, 'solche Menschen sind mir schon oft begegnet.'Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen. 'Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wenn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen, ein Nest zu bauen, um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist, hat eine besonders dünne Haut. Manches Leid bricht wieder auf wie eine schlecht verheilte Wunde, und das tut sehr weh. Aber nur, wer die Trauer zulässt und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich heilen.
Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich ihnen dabei helfe. Stattdessen schminken sie sich ein grelles Lächeln über ihre Narben. Oder sie legen sich einen dicker Panzer aus Bitterkeit zu.' Die Traurigkeit schwieg.
Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz verzweifelt. Die kleine alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in ihre Arme. Wie weich und sanft sie sich anfühlt, dachte sie und streichelte zärtlich das zitternde Bündel. 'Weine nur, Traurigkeit', flüsterte sie liebevoll, 'ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst. Du sollst von nun an nicht mehr allein wandern. Ich werde dich begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr an Macht gewinnt.' Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und beobachtete erstaunt ihre neue Gefährtin: 'Aber ... aber - wer bist eigentlich du?
''Ich?' sagte die kleine alte Frau schmunzelnd, und dann lächelte sie wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen.'Ich bin die Hoffnung.'

04 Januar 2010

Die Schlangenjungfrau

Um das Jahr 1520 war einer zu Basel im Schweizerlande mit Namen Leonhard, sonst gemeinlich Lienimann genannt, eines Schneiders Sohn, ein alberner und einfältiger Mensch, und dem dazu das Reden, weil er stammerte, übel abging. Dieser war in das Schlaufgewölbe oder den Gang, welcher zu Augst über Basel unter der Erde her sich erstreckt, ein- und darin viel weiter, als jemals einem Menschen möglich gewesen, fortgegangen und hineingekommen und hat von wunderbarlichen Händeln und Geschichten zu reden wissen. Denn er erzählt, und es gibt noch Leute, die es aus seinem Munde gehört haben, er habe ein geweihtes Wachslicht genommen und angezündet und sei mit diesem in die Höhle eingegangen. Da hätte er erstlich durch eine eiserne Pforte und darnach aus einem Gewölbe in das andere, endlich auch durch etliche gar schöne und lustige grüne Gärten gehen müssen. In der Mitte aber stünde ein herrlich und wohlgebautes Schloß oder Fürstenhaus, darin wäre eine gar schöne Jungfrau mit menschlichem Leibe bis zum Nabel, die trüge auf ihrem Haupt eine Krone von Gold, und ihre Haare hätte sie zu Felde geschlagen; unten vom Nabel an wäre sie aber eine greuliche Schlange. Von derselben Jungfrau wäre er bei der Hand zu einem eisernen Kasten geführt worden, auf welchem zwei schwarze bellende Hunde gelegen, also daß sich niemand dem Kasten nähern dürfen, sie aber hätte ihm die Hunde gestillt und im Zaum gehalten und er ohne alle Hinderung hinzugehen können. Darnach hätte sie einen Bund Schlüssel, den sie am Hals getragen, abgenommen, den Kasten aufgeschlossen, silberne und andere Münzen herausgeholt. Davon ihm dann die Jungfrau nicht wenig aus sonderlicher Mildigkeit geschenkt, welche er mit sich aus der Schluft gebracht; wie er denn auch selbige vorgezeigt und sehen lassen. Auch habe die Jungfrau zu ihm gesprochen, sie sei von königlichem Stamme und Geschlecht geboren, aber also in ein Ungeheuer verwünscht und verflucht und könne durch nichts erlöst werden, als wenn sie von einem Jüngling, dessen Keuschheit rein und unverletzt wäre, dreimal geküßt werde; dann würde sie ihre vorige Gestalt wiedererlangen. Ihrem Erlöser wolle sie dafür den ganzen Schatz, der an dem Orte verborgen gehalten würde, geben und überantworten. Er erzählte weiter, daß er die Jungfrau bereits zweimal geküßt, da sie denn alle beidemal, vor großer Freude der unverhofften Erlösung, mit so greulichen Gebärden sich erzeigt, daß er sich gefürchtet und nicht anders gemeint, sie würde ihn lebendig zerreißen; daher er zum drittenmal sie zu küssen nicht gewagt, sondern weggegangen wäre. Hernach hat es sich begeben, daß ihn etliche in ein Schandhaus mitgenommen, wo er mit einem leichtsinnigen Weibe gesündigt. Also vom Laster befleckt, hat er nie wieder den Eingang zu der Schlaufhöhle finden können; welches er zum öftern mit Weinen beklagt.

Textquelle: Deutsche Sagen, Brüder Grimm, Nr. 13